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  • Johannes Rauch

Ein kurzer Blick in die Champions League - Es geht voran in Österreichs Frauenfußball

Es war ein heiß umkämpftes Champions-League-Achtelfinale, bei dem das Team aus Schweden letztlich das bessere Ende für sich hatte. Hätte die Equipe aus Österreich nicht im Hinspiel in Malmö einen Zwei-Tore-Vorsprung aus der Hand gegeben, wer weiß, was das für das Rückspiel in St. Pölten bedeutet hätte. So aber muss ich neidlos konstatieren, dass der FC Rosengård gegen den SKN St. Pölten nicht zuletzt auch dank der individuellen Klasse von Caroline Seger und Jelena Čanković mit einem Gesamtscore von 4:2 verdient ins Viertelfinale eingezogen ist, wo das Team nun auf Bayern München trifft.


Der SKN St. Pölten ist im Übrigen das einzige österreichische Fußballteam, das es jemals bis ins Achtelfinale der Champions League geschafft hat. Als Sturm Graz 2000/01 die erste Gruppenphase überstand, wartete damals nicht das Achtelfinale, sondern eine zweite Gruppenpase auf Ivica Osims Truppe.[1]


Mittlerweile versuchen wir im Rahmen der Sportpolitik, den großartigen Erfolgen, die der Frauenfußball in Österreich seit einiger Zeit feiert (und die zumeist das Resultat der Unbeirrbarkeit einiger weniger Protagonist:innen sind), eine strukturelle Basis zu verleihen. Im Bundesbudget sind neuerdings rund 1,5 Millionen € pro Jahr für die Frauenfußball-Ligen in Österreich vorgesehen – Geld, das den Vereinen unmittelbar zugute kommt. Außerdem läuft aktuell der Auswahlprozess für ein neues Traineeprogramm, um Frauen mit entsprechenden Kompetenzen für Sportfunktionärspositionen zu fördern. Bis zum Endausbau in acht Jahren wird das Projekt zwei Millionen € pro Jahr umfassen und 60 Frauen eine zertifizierte Ausbildung anbieten.


Doch auch auf der Ebene der Vereine tut sich einiges. Vor wenigen Wochen sind der SCR Altach und der FFC Vorderland, beides Bundesligaklubs, eine Spielgemeinschaft eingegangen, in die auch der Traditionsverein FC RW Rankweil – 1991 immerhin der erste Vorarlberger Frauenfußballmeister – kooperativ eingebunden ist. Der FFC Vorderland trägt seine Heimspiele nun im Stadion des SCR Altach aus, und Walter Weiss, der Obmann des Klubs, hofft, Rahmenbedingungen und Professionalität so weit zu verbessern, dass man sich langfristig in der Frauen-Bundesliga etablieren kann. Damit ist der SCR Altach nach der Wiener Austria, Sturm Graz und Wacker Innsbruck der vierte Verein, der sowohl in der Frauen- als auch in der Männer-Bundesliga vertreten ist.

Der Zweitligist FC RW Rankweil dient unterdessen als Nachwuchsschmiede. Bernhard Metzler, der sportliche Leiter des Teams, hat in diesem Zusammenhang betont, wie wichtig es sei, „die Kräfte zu bündeln, Synergien zu nutzen und den eigenen Stolz etwas abzulegen, um ambitionierte Ziele auch erreichen zu können“.


Warum erzähle ich das alles? Weil uns Vorarlberger Grünen das Thema seit Jahren ein Anliegen ist (Harald Walser hat dazu schon 2011 politisch gearbeitet), weil wir gegen jede Menge Spott zu kämpfen hatten, als wir begannen, uns für Frauenfußball zu engagieren, und weil ich mich wirklich über die Fortschritte freue.

Als Daniel Zadra im Jahr 2015 im Vorarlberger Landtag eine erste Anfrage zu dem Thema an die damalige Sport-Landesrätin Bernadette Mennel stellte, war der Hohn auf konservativer Seite unüberhörbar. Thema Vorarlberg etwa, die Zeitschrift der Wirtschaftskammer Vorarlberg, kommentierte: „Man könnte feststellen, dass wirklich nicht jeder Bereich gefördert werden muss und […] dass sich Zadra ungleich wichtigeren Themen im Bereich der Gleichstellung zuwenden sollte. Man könnte die Anfrage allerdings auch ernst und damit zum Anlass nehmen, auch in anderen Sportarten endlich für mehr Gleichstellung zu sorgen. Schließlich melden sich in Vorarlberg erschreckend wenige Buben zum Ballettunterricht an.“

Bruhaha. Ich wage zu behaupten, dass ein solcher Kommentar heute nicht einmal mehr der Wirtschaftskammer Vorarlberg einfiele.


Der Fortschritt ist unübersehbar, aber es gibt noch viel zu tun. Das beginnt auf der Ebene der Funktionärinnen-Ausbildung und setzt sich fort über die Professionalisierung von Strukturen und die Gehälter, die weibliche Fußballstars kassieren, bis hin zu den Übertragungszeiten im ORF. Ich bin mir ganz sicher, dass Sportminister Werner Kogler und die Sportsprecherin der Grünen im Parlament, Agnes Sirkka Prammer – übrigens selbst Bundesligaschiedsrichterin –, in dieser Legislaturperiode noch einiges bewegen werden. Erst vor wenigen Tagen wurde auf Initiative der Grünen die Einrichtung einer Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch in den Bereichen Sport, Kunst und Kultur beschlossen.


In der Zwischenzeit sieht es so aus, als würde der SKN St. Pölten die Meisterschaft ein weiteres Mal für sich entscheiden. Nach zehn Spielen liegen die Niederösterreicherinnen mit dem Punktemaximum und einem Torverhältnis von 52:4 souverän an der Tabellenspitze.

Und auf internationaler Ebene, aber das wissen bestimmt alle Menschen, die diesen Blog lesen, hat sich das Frauen-Nationalteam direkt für die Europameisterschaft in England qualifiziert, die leider nicht wie geplant im Sommer 2021, sondern erst 2022 ausgetragen wird.


[1] Dort ging man gegen Manchester United und Valencia jeweils torlos unter, gewann aber immerhin zweimal gegen Panathinaikos Athen.

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