Zum zweiten Mal werden mit 1. Jänner 2024 sämtliche Familien- und Sozialleistungen erhöht, automatisch, ohne Wenn und Aber. Gerade in Zeiten hoher Inflation ist das von unschätzbarem Wert. Sie hat bis weit in den Mittelstand hinein Ängste vor dem sozialen Abstieg ausgelöst. Besonders Familien mit geringen Einkommen erhalten ab dem kommenden Jahr teils mehrere hundert Euro zusätzlich. ****
9,7 Prozent - das ist der Anpassungsfaktor für alle Familien- und Sozialleistungen für das Jahr 2024. Er steht seit heute fest, nachdem Statistik Austria die Inflation für den Juli bekannt gegeben hat. “Valorisierung der Sozialleistungen” heißt diese automatische Erhöhung im Politiksprech. Auch Pensionen und Sozialhilfe werden grundsätzlich um diesen Prozentsatz erhöht - nur wird da die tatsächliche Erhöhung vom Nationalrat meist noch angepasst. Die Gespräche dazu finden ab September statt.
Österreich hatte bis vor wenigen Monaten eine Inflation von 10 Prozent, spürbar bei jedem Einkauf an der Supermarktkasse. Viele Familien sorgen sich, ob sie Miete, Einkauf, Energiekosten und fällige Ratenzahlungen noch hinbekommen. Mehr noch: Zehntausende Familien müssen am Monatsende überlegen, ob sie sich eine warme Mahlzeit leisten können. Urlaub und besondere Ausgaben stehen oft gar nicht mehr zur Debatte.
Stellen Sie sich vor, welche Diskussion ohne automatische Valorisierung nun losbrechen würde: “Sollen sie was arbeiten gehen!” rufen die einen. “Der Sozialstaat kostet uns Milliarden! In Zeiten der Teuerung können wir uns das nicht leisten!” Die Gegenstimmen sind mindestens so laut: “In einem reichen Land wie Österreich müssen Familien im Sozialmarkt einkaufen, damit sie nicht hungern. Was für eine Schande!”
Genau so war das bis vor eineinhalb Jahren. Sozialleistungen wurden nur sporadisch erhöht: die Familienbeihilfe dreimal in den letzten zehn Jahren, Studienbeihilfe und Schülerbeihilfe sogar nur ein einziges Mal in zehn Jahren. Jeder Erhöhung ging eine Debatte voraus, ob Leistung A oder B nun erhöht werden soll - und wenn ja, um wieviel. Der Sozialminister machte Druck, der Finanzminister bremste, die Opposition protestierte lautstark.
Seit 1. Jänner 2023 erfolgt die “Valorisierung der Sozialleistungen” automatisch, am 1. Jänner 2024 also zum zweiten Mal. Diesmal werden es 9,7 Prozent sein, ohne dass es dazu noch einen Beschluss braucht. Ein Meilenstein, um den viele Sozialminister:innen Jahrzehnte vergeblich gekämpft haben.
Für armutsgefährdete Familien kommen bis Ende 2024 noch 60 Euro pro Kind und Monat dazu: Diesen Betrag erhalten alle Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe und Ausgleichszulage sowie Alleinverdiener:innen mit einem Monatseinkommen bis 2000 Euro brutto.
Eine Alleinverdienerin mit Kind - Kassierin im Supermarkt, 900 Euro netto pro Monat, Aufstockung durch die Sozialhilfe - profitiert so mit rund 130 Euro pro Monat. Eine Familie mit geringem Einkommen und drei Kindern - 1600 Euro netto pro Monat - erhält knapp 400 Euro pro Monat mehr.
Sozial- und Familienleistungen haben in den Krisen der vergangenen Jahre sichergestellt, dass die meisten Menschen in Österreich ihren Lebensstandard halten konnten. Trotz Coronakrise und der höchsten Inflation seit sieben Jahrzehnten ist die Armut nicht gewachsen. Auch die Armutsgefährdung ist weitgehend stabil geblieben (Armut - Statistik Austria).
In Krisen zeigt sich der Zusammenhalt einer Gesellschaft. Das ist die gute Nachricht: Der Sozialstaat trägt.
Familien- und Sozialleistungen steigen um 9,7 Prozent:
- Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Mehrkindzuschlag
- Kinderbetreuungsgeld und Familienzeitbonus
- Kranken-, Rehabilitations- und Wiedereingliederungsgeld, Umschulungsgeld
- Studienbeihilfe und Schülerbeihilfe
“Paket gegen Kinderarmut”:
60 Euro pro Kind und Monat für befristet bis Ende 2024
- alle Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe und Ausgleichszulage
- Alleinverdiener:innen mit einem Monatseinkommen bis 2000 Euro brutto
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