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  • Johannes Rauch

Keine halben Sachen

Warum die Sanktionen gegen Russland (hoffentlich) eine soziale Krise in Europa verhindern

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer sorgt sich um den Wohlstand und den sozialen Frieden in unserem Land. Das ist ehrenwert, dieses Anliegen verbindet uns.


Allerdings sieht er die Sanktionen gegen Russland als Gefahr für Wohlstand und sozialen Frieden. Denn jene seien mit „nur einer Gehirnhälfte gedacht worden“. Und leider enden da schon wieder die Gemeinsamkeiten.


Herr Mahrer irrt. Aber da ist er nicht der Einzige.

Ich habe mich auch geirrt. Weil ich es für denkunmöglich gehalten habe, dass Putin die gesamte Ukraine angreift und offenbar auch bereit dazu ist, das Risiko einer Eskalation mit der NATO in Kauf zu nehmen. Alle, die Putin das nicht zugetraut haben, haben sich geirrt. Schlecht wäre es, sich ein weiteres Mal täuschen zu lassen und zu glauben, Putin würde es irgendwann gut sein lassen und sich mit Krim und Dombass zufriedengeben oder mit irgendwelchen territorialen Zugeständnissen bei „Verhandlungen“.


Meine Überzeugung, unter Inanspruchnahme beider Gehirnhälften: Es ist richtig, Waffen an die Ukraine zu liefern, auch wenn mir das zuwider ist. Es ist richtig, die schärfstmöglichen Sanktionen gegen Putin zu verhängen, auch wenn das einen hohen Preis für uns hat. Der politische und wirtschaftliche Preis wäre nämlich ungleich höher, würde Europa das nicht tun.


Wenn wir akzeptieren, dass kriegerische Landnahme unsanktioniert bleibt, weil man den eigenen Wohlstand, der (unter anderem) auf billigem Gas beruht, keinesfalls gefährden will, geben wir am Ende beides auf: Wohlstand und Zivilisation.


Ja, wir können uns Zeit kaufen, wenn wir die Ukraine – oder Teile davon – dem Despoten überlassen. Einen Winter vielleicht oder zwei? Putin wird die Wirtschaft seines Landes stabilisieren und seine Druckmittel jederzeit wieder nützen: Ihr wollt mein Gas? Ihr braucht das Getreide aus der Ukraine? Dann erfüllt meine Forderungen.


Sanktionen und die militärische Unterstützung für die Ukraine sind der einzige Weg, die politische Stabilität unseres Kontinents zu sichern. Sie sind auch der einzige Weg, sozialen Frieden zu sichern.


Wenn es nicht gelingt, die Korridore für Getreidelieferungen nach Nordafrika zu öffnen (ja, das hat mit dem Krieg zu tun), werden im nächsten Jahr Millionen ausgehungerter Menschen aus ebendieser Region, in der es zum Teil drei Jahre nicht geregnet hat und wo gerade die Notrationen halbiert werden, zur Flucht gezwungen sein. Das wäre eine humanitäre Katastrophe riesigen Ausmaßes.


Und ich hege die Sorge, dass die europäische Solidarität sich dann binnen Sekunden in Luft auflöst und die Stunde derer schlägt, die mit einer toxischen Mischung aus Energiekrise, Teuerung und Massenfluchtbewegungen ihr politisches Geschäft betreiben.

Den größten historischen Irrtum der Wirtschaftskammer (nicht zu verwechseln mit der Wirtschaft; viele Unternehmen sind wesentlich weiter, innovativer und offener als ihre Vertretung) können wir ohnehin nicht mehr ungeschehen machen: nämlich den Umstieg auf erneuerbare Energien 15 Jahre zu lange mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln blockiert zu haben.

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